Fliegen mit Amputation

Die Sicherheitskontrollen an Flughäfen können eine entwürdigende Prozedur für Menschen mit Prothesen sein.
Die Sicherheitskontrollen an Flughäfen können eine entwürdigende Prozedur für Menschen mit Prothesen sein.

Diese Unsäglichen Sicherheitskontrollen

Wie ihr alle wisst, bin ich selbst oberschenkel-amputiert. Ich bin aktiv. Und ich reise gerne und viel. Wenn ich ehrlich bin, dann reise ich sehr viel. In den letzten 20 Jahren habe ich in diversen Rollen auf dem weiten Feld der internationalen Entwicklungshilfe gearbeitet. Ich habe mehr als 30 Länder besucht, in ihnen gelebt und gearbeitet, manchmal nur für ein paar Tage, manchmal für mehrere Jahre. Ich habe an einem tropischen Strand mit einem atemberaubenden Korallenriff nur wenige hundert Meter vor der Küste gelebt und gearbeitet. Und ich habe in Kriegsgebieten gelebt und gearbeitet. Ich hatte wunderbare Begegnungen mit erstaunlichen Menschen überall auf der Welt. Und ich habe schreckliche Erfahrungen gemacht, oft dann, wenn man sie am wenigsten erwartet. Und rückblickend möchte ich keine einzige dieser Erfahrungen missen. Sie haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, dann gibt es doch eine Sache, die ich nicht eine Sekunde vermissen würde. Und das sind Sicherheitskontrollen an Flughäfen. Auch wenn sie im Nachhinein oft für gute Geschichten taugen, empfinde ich sie im Allgemeinen zumindest als lästig, oft recht furchtbar, manchmal geradezu erniedrigend und entwürdigend. Hier sind einige meiner Erfahrungen aus den letzten Jahren.

 

Drei Persönliche Erlebnisse

Auf den richtigen Eindruck kommt es an

Das hier ist mein derzeitiger Favorit: Es geschah in Indien (nein, ich werde den Namen des Flughafens nicht nennen, da ich niemanden in Schwierigkeiten bringen möchte). Noch schnell eins vorneweg: Ihr müsst wissen, dass ihr auf vielen asiatischen Flughäfen verpflichtet seid, euer Handgepäck mit einem Names-Anhänger zu versehen. Papierversionen gibt es meist direkt an den Flughäfen beim Einchecken. Die Bordkarte und eben dieses Papierschild werden dann bei der Sicherheitskontrolle abgestempelt. Wenn sie nicht abgestempelt sind, darfst du das Flugzeug nicht betreten.

 

Angesichts der langen Warteschlangen auf vielen Flughäfen, kann es vorkommen, dass du durch den Metalldetektor beim Sicherheitscheck kommst, bevor dein Handgepäck durch das Röntgengerät geht (ich weiß, dass es eigentlich kein Röntgengerät ist, aber ich nenne es einfach so, da ich keine Ahnung habe, welche Technologie tatsächlich verwendet wird). Da ich immer den Metalldetektor auslöse, werde ich routinemäßig mit einer Handsonde kontrolliert. Sobald ich erwähne, dass ich oberhalb des Knies amputiert bin, werde ich meist gebeten, einem der Beamten in einen separaten Raum zu folgen - oft weit weg -, wo ich mich weiteren Kontrollen unterziehen muss. Manchmal geht es dabei nur um einen kurzen Blick auf mein künstliches Knie. Aber oft beinhaltet die zusätzliche Kontrolle das Ausziehen meiner Prothese. Die Prothese wird dann extra durch das Röntgengerät geschoben und mir in Anschluss wieder ausgehändigt. Meine Passnummer und/oder die Daten der Bordkarte werden in ein Buch eingetragen, ich unterschreibe und kann gehen. 

 

 Je nach meiner Stimmung und der Art, wie ich bei diesen Kontrollen behandelt werde, bin ich bereit, die Prothese abzulegen - oder auch nicht. Diesmal war der Beamte sehr freundlich, wartete, bis ich mein Handgepäck geholt hatte, und behandelte mich mit Respekt. Ich hatte also keine Einwände gegen die zusätzlichen Kontrollen, die mich erwarteten. Als wir in dem abgesonderten Kontrollraum waren, wollte ich die Prothese ausziehen und sie ihm übergeben, damit er sie durch das Sicherheitskontrolle laufen lassen konnte. Aber er hielt mich auf und erklärte: "Sie müssen sie nicht abnehmen. Wir warten hier nur ein paar Minuten. Dann können Sie gehen. Dann werden alle denken, dass Sie ordnungsgemäß kontrolliert worden sind. Aber ich weiß, dass diese zusätzlichen Kontrollen sehr lästig sind. Mein Onkel hat auch so eine Prothese. Und er beschwert sich immer über den Ärger, den er an den Flughäfen hat."

 

Ich musste lächeln. Wir unterhielten uns noch eine Weile. Und nach ein paar Minuten war ich auf dem Weg zum Gate. 

 

 

"Lasst ihn gehen!"

Jinnah International Airport in Karatschi ist der verkehrsreichste Flughafen Pakistans (glaube ich zumindest). Das Terminal war voll, und ich stand in der Schlange für einen Inlandsflug. In der Mitte der Halle befand sich eine dieser begehbare Sicherheitsschleusen mit anschließender Handkontrolle, die eher zufällig angeordnet war. Zumindest kam es mir so vor.

 

Die Leute strömten hindurch. Ab und an ertönte der Warnton des Metalldetektors. Einige Leute entledigten sich dann des Kleingelds in ihren Taschen, Schuhen, Gürteln usw., wiederholten die Kontrolle und konnten gehen. Andere wechselten ein paar Sätze mit dem Sicherheitspersonal, lehnten eine erneute Kontrolle ab und verließen den Kontrollbereich dann dennoch ohne Probleme.

 

Als ich an der Reihe war, löste ich das übliche Gepiepse und die blinkenden Lichter aus. Ich erklärte dem Beamten meine Situation und wollte schon weitergehen, asl er mich aufforderte, das Bein abzunehmen. Und zwar sofort und an Ort und Stelle - sprich mitten in der Menge der Schalterhalle. Ich lehnte ab. Freundlich und respektvoll, aber ohne einen Zweifel daran zu lassen, dass das Abnehmen der Prothese nicht in Frage kam. Nicht an diesem Ort. 

 

Da er mir keinen zusätzlichen Raum für die zusätzlichen Kontrollen anbot, wollte ich auch nicht darum bitten. An diesem Morgen war ich nicht in der Stimmung, mir zusätzlichen Ärger einzuhandeln. Der Sitz meiner Prothese war schon seit Wochen schlecht. Jeden Morgen war es derselbe Kampf, in den Schaft zu kommen. Angesichts der tropischen Bedingungen im Süden Pakistans graute es mir bei der Vorstellung, das Bein ausziehen zu müssen, nur um mich ein paar Minuten später wieder in den Schaft zu quälen.

 

Der Offizier wiederholte seine Forderung, ich solle das Bein abnehmen. Und ich wiederholte - freundlich, aber bestimmt -, dass ich das ganz sicher nicht tun würde. Wir beide sprachen noch zwei weitere Male mehr oder weniger den gleichen Satz, bevor klar war, dass dies nichts bringen und wir so nicht weiterkommen würden.

 

In der Zwischenzeit begannen die Leute hinter mir, sich einzumischen. Leider spreche ich kein Urdu und war nicht in der Lage zu verstehen, was die Leute sagten. Einige unterhielten sich untereinander. Andere begannen, den Sicherheitsbeamten in ein Gespräch zu verwickeln. Ich vermute, dass sie ihn nur darum baten, mich gehen zu lassen, damit sie endlich die Sicherheitskontrolle passieren und zu ihren Gates gelangen konnten. Das ging noch ein paar Minuten so weiter, und die Diskussionen fand immer mehr zwischen dem Sicherheitsbeamten einerseits und den Leuten in der Schlange hinter mir andererseits statt. Bald war ich nur noch Zuschauer bei dem ganzen Tohuwabohu. 

 

Die Szene fand ein jähes Ende, als ein älterer Mann sich einmischte. "Lassen Sie ihn einfach gehen!", war alles, was er sagte. Der Beamte sah den Mann an, sah mich an und winkte mich durch. Ich habe keine Ahnung, wer dieser Mann war. Ich bin mir nicht sicher, ob es nur daran lag, dass er deutlich älter war als der Beamte und deshalb respektiert werden musste, oder ob es sich um jemanden handelte, der in dem Gebiet gut bekannt war. Aber was auch immer es war, ich war tief beeindruckt von der Dynamik, die im Spiel war, und von der Art und Weise, wie sich die Situation veränderte.

 

Ich bedankte mich sowohl bei dem älteren Herrn als auch bei dem Sicherheitsbeamten, entschuldigte mich bei den Leuten hinter mir, die länger warten mussten, und schaffte es noch rechtzeitig zum Gate, um meinen Flug nach Islamabad zu erwischen.  

 

 

"Ich danke Ihnen für Ihre ehrliche Antwort!"

Die letzte Geschichte ist wieder aus Indien. Sie ist schon etwas älter, bevor einer der Flughäfen an der Ostküste modernisiert wurde und moderne Geräte für die Sicherheitskontrollen erhielt. Ich hatte einen Inlandsflug gebucht. Nach dem Einchecken ging ich zur Sicherheitskontrolle und wurde - wie immer, wenn ich den Alarm auslöste - aufgefordert, meine Prothese auszuziehen, damit sie durch das Röntgengerät gehen kann. Ich lehnte zunächst ab, erklärte, dass ich das demütigend fände und dass es eine andere Möglichkeit geben müsse, mich für den Flug freizugeben. Mir wurde gesagt, dass es keine andere Möglichkeit gäbe. Entweder wird meine Prothese durch das Röntgengerät gehen oder ich werde nirgendwo hin reisen.

 

"Könnte ich bitte mit Ihrem Vorgesetzten sprechen?" fragte ich. Einige Minuten später kam der Vorgesetzte auf mich zu und wiederholte mehr oder weniger, was mir zuvor gesagt worden war. Entweder wird mein Bein untersucht, oder ich werde nicht reisen.

 

Nach einem weiteren Austausch von Argumenten stimmte ich dem vorgeschlagenen Verfahren zu und wurde in ein Büro direkt neben der Sicherheitskontrolle geführt. Ein großes Fenster mit Blick auf den Bereich, in dem sich alle Leute zum Einsteigen in die Flugzeuge anstellten. Keine Vorhänge. Na toll. "Ich könnte den Leuten auch Geld für die Unterhaltung berechnen", dachte ich. Aber was kann ich schon tun. Also runter mit der Jeans, runter mit der Prothese, diese dann dem Sicherheitsbeamten übergeben, der ließ sie durch die Maschine laufen, bevor sie mir ein paar Minuten später wieder ausgehändigt wurde. 

 

Ich konnte sehen, dass der Beamte, der mich ins Nebenbüro begleitete, sich mit der ganzen Situation offensichtlich nicht sehr wohl fühlte. Ich brach das Schweigen und erklärte. "Ich weiß, dass Sie Ihren Job machen müssen, und aus Sicherheitsgründen haben Sie Recht. Ich könnte ein Sicherheitsrisiko darstellen. Aber für mich sind diese zusätzlichen Kontrollen, zu denen oft auch das Ausziehen des Beins mehr oder weniger in der Öffentlichkeit gehört, lästig, wenn nicht gar demütigend. Und ich meine das nicht respektlos. Aber manchmal bin ich einfach nicht bereit, das alles mitzumachen.  

 

"Es tut mir leid, Sir! Aber wir müssen das tun."

 

"Darf ich fragen, ob Sie mich auch gebeten hätten, mein Bein abzunehmen, wenn ich eine ältere Frau gewesen wäre, vielleicht so alt wie Ihre Mutter?"

 

"Nein, Sir. Ich hätte Sie einfach durchgewunken. Auch wenn Sie ein älterer Mann gewesen wären."

 

Ich lächelte. Ich muss also nur noch ein bisschen warten, bis ich älter aussehe, dachte ich, und dann wird das Fliegen viel einfacher sein. "Das ist gut zu wissen!". Ich lachte, bedankte mich für seine ehrliche Antwort, wünschte ihm einen schönen Abend und machte mich auf den Weg zum Boarding-Gate.

 

Irgendwie verwandelte dieses kleine Gespräch am Ende eine eher unangenehme Erfahrung in eine gute. Eine Begegnung mit menschlicher Note, die mich wieder daran erinnert, dass das Sicherheitspersonal sich in einer fast unmöglichen Situation befindet.  

 

 

Das Gleichgewicht Wahren Zwischen Dem Bedürfnis Nach Sicherheit Und Dem Respekt Für Menschen Mit Behinderungen

In manchen Ländern besteht das Sicherheitspersonal auf einer sehr gründlichen Kontrolle, sobald ich erwähne, dass ich amputiert bin - noch bevor eine der Maschinen ihre piepsende Lichtshow startet. Andere fallen vor Verlegenheit fast in Ohnmacht und winken mich schnell durch, sobald ich ein winziges Stückchen der Beinprothese zeige. Sie winken mich sogar durch, nachdem ich den Alarm der Metalldetektoren ausgelöst habe. Und ich denke, man könnte für jede dieser Reaktionen ein gutes Argument anführen. Oder für jede der anderen Reaktionen, die ich regelmäßig erlebe.

 

Ich weiß, es ist nicht einfach, das öffentliche Interesse an der Sicherheit in der Luftfahrtindustrie mit dem Recht von Menschen mit Behinderungen auf eine respektvolle Behandlung in Einklang zu bringen. Es gibt keine Standardbehandlung, die alle diesen Bedürfnissen Gerecht wird. In meinen Augen gibt es kein Richtig oder Falsch - auch wenn viele Sicherheitsexperten da anderer Meinung sind als ich. Für jede einzelne Person mit einer Behinderung, die den Sicherheitsalarm auslöst, müssen sie entscheiden, was sie tun und wie sie vorgehen wollen. Es ist jedes Mal eine Ermessensentscheidung, bei der sie zwischen potenziellen Sicherheitsbedrohungen und einem respektvollen Umgang mit der betreffenden Person abwägen müssen. Und jede Situation ist einzigartig. 

 

Wie ich diese Situationen erlebe, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht nur von der Art und Weise, wie ich an der Sicherheitskontrolle behandelt werde. Das ist einer von ihnen. Aber es hängt auch viel von meiner Stimmung an diesem Tag ab, ob ich gerade erst meine Reise angetreten habe oder schon 24 Stunden und länger unterwegs bin. Es hängt von der Passform meiner Prothese an diesem Tag ab, von dem Land, in dem ich mich befinde, von seiner Kultur und davon, was angemessen ist, um nur einige Punkte zu nennen. 

 

Letztendlich sind es aber oft die Einstellung und das Verhalten der einzelnen Beamten, die mit mir zu tun haben, die den Unterschied ausmachen. Ich weiß, dass sie ihren Job machen. Und sie befinden sich in einer fast unmöglichen Situation. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, die Sicherheit der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Freundlich zu sein ist ein "nice to have", kein "must have" in den meisten ihrer Stellenbeschreibungen.  

 

Wenn ich mit Respekt behandelt werde, bin ich in der Regel sehr zur Zusammenarbeit bereit. Wenn nicht, werfe ich entweder gleich das Handtuch in den Ring und spiele nach ihren Regeln. Oder ich kann ein ziemlich sturer Kerl sein. Was nicht gerade hilfreich ist.

 

 

Welche Erfahrungen Hast Du Gemacht?

Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht, wenn du mit einer Prothese unterwegs bist? Oder vielleicht auch ganz andere? Ich würde mich freuen, davon zu hören. Schreib sie in die Kommentare oder schickt mir eine Mail und ich werde sie in einem Folgebeitrag veröffentlichen.

 

 

Post von Bjoern Eser, dem Gründer von und Macher hinter The Active Amputee.

 

Appalling Treatment at Security Checks

 

Linda is a very active triple amputee who lost both of her legs and an arm in a train versus car crash in Germany in the early seventies. Linda is not one to give up easily and always tries to make the best of the situation. Even if the situation is degrading and completely unnecessary. red more

 

An Above-Knee Amputee Life In Pictures

 

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Hiking In The Himalayas As An Amputee

 

Covering a 1,300 meters difference in altitude in a day - first up and then down again - is a demanding task, even if you have two legs. Trying to do so as an above-the-knee amputee is even more of a challenge. Adding the fact that the hike between Budhanilkantha and the peak of Shivapuri is mainly made up of several very long sets of steps and you know that your remaining leg is in for an XXL workout. And that is just what I wanted. read more