Amputierten Wandertag 2023
Lange schon spielte ich mit der Idee, mehr Live-Events für Leute mit Amputationen anzubieten. Gelegenheiten, gemeinsam und in einem physisch wie auch psychisch sicheren Umfeld mal was Neues auszuprobieren. Sich auszutauschen. Und einfach eine gute Zeit zusammen zu verbringen. Doch immer wieder habe ich diese Idee aufgeschoben. Mal aus guten Gründen (Covid19 und die damit einhergehenden Einschränkungen), mal aus weniger guten Gründen (sprich: Ich bekam meinen Hintern nicht von der Couch). doch das sollte sich während einer gemeinsamen Wanderung mit Fritz (aka @fritzkretzschmar on Instagram) im vergangenen Winter ändern. Irgendwo im Wald des Bergischen Landes griffen wir die Idee dann noch mal auf und machten Nägel mit Köpfen. Und heraus kam ein toller Tag in der Vulkaneifel.
Die Idee
Die Idee, die dem ersten Amputierten Wandertag in der Eifel zugrunde lag, ist einfach. Mehrmals im Jahr soll es Angebote für Leute mit Einschränkungen im Bewegungsapparate geben, sich zu treffen und gemeinsam in der Natur aktiv zu sein. Dabei stehen das Kennenlernen neuer Leute, das gemütliche Zusammensein und der Austausch untereinander genauso im Mittelpunkt wie die körperliche Aktivität, das Ausprobieren neuer Sportarten und das verschieben der eigenen Grenzen. Den Anfang machte eine etwa zehn Kilometer lange Wanderung entlang des Lieserpfades durch die wunderschöne Vulkaneifel. Für die Zukunft angedaut sind Kanu-Touren auf der Sieg und Klettern/Bouldern (dies erst einmal in der Halle).
Der Wandertag
Am 9. September war es dann so weit. Fritz hatte mit einem Teilstück des Lieserpfades eine tolle Tour rausgesucht, die wir schon länger auf unserer Liste hatten. Der Lieserpfad ist ein mehrfach prämierter Wanderweg, auf dem - und ich zitiere hier die in meinen Augen sehr passende Beschreibung des Internetauftritts 'Gesunddland Vulkaneifel' - "Weg lässt du die Zivilisation mit jedem Schritt weiter hinter dir und tauchst tief in die Natur der Vulkaneifel ein... In der Stille der Natur schaltest du ab, bekommst den Kopf frei und findest wieder zu dir." So fiel es nicht schwer, zwei weitere amputierte sowie einige Familienangehörige zum Mitmachen zu begeistern.
Die Tour war von Fritz mit Passion und viel Liebe zum Detail vorbereitet worden. Hier noch einmal ein großes "Danke!" für die tolle Planung und die gar großartige Logistik vor Ort. Das wird bei den Folgeveranstaltungen ein schwer zu überbietender Maßstab.
Von Manderscheid - immer einen Besuch wert, alleine der Blick auf die beiden Burgen macht schon Lust auf mehr - ging es auf schmalen, aber meist gut zu gehenden Pfaden und entlang des Baches Lieser durch den südlichen Teil der Eifel. Da der Weg an einigen Stellen recht exponiert war und teils von einem steilen Abhang gesäumt wurde, waren gute Schuhe und Trittsicherheit gefragt. Zudem half ein sicherer Umgang mit der Prothese. Sollte es dem ein oder der anderen dann aber doch einmal zu riskant sein, waren auch immer helfende Hände und gegenseitige Unterstützung zur Stelle. Die Teilnehmenden sollten sich sicher fühlen und so mit viel Freude ihre Grenzen ausloten und schauen, was mit der richtigen Einstellung, mit etwas Übung und bei Bedarf ein wenig Hilfestellung alles möglich ist.
Da wir vorher nicht wussten, wie gut die Teilnehmenden zufuß sein würden, gäbe es nach knapp fünf Kilometern - und damit auf etwa der Hälfte der Strecke - eine Pause. Eine gute Gelegenheit zum Verschnaufe. Zudem wartete dort eine nette Überraschung auf uns. Fritz hatte einen Freund animiert, dort mit kalten Getränken und leckrer Verpflegung aufzuschlagen. Etwas, das von allen teilnehmenden sehr geschätzt und ausgiebig genutzt wurde. Zudem bestand dort die Möglichkeit, die Tour zu beende, mit dem Auto ans Ziel der Wanderung gebracht zu werden und dort dann auf die anderen zu warten.
Während zu Beginn der Tour noch einige mit eben dieser kürzeren Option liebäugelten, wollte davon bei Kilometer fünf allerdings niemand mehr etwas wissen. Alle waren fest entschlossen, die gesamte Strecke zu laufen. Etwas, was Fritz und ich sehr begrüßten. Besonders angesichts der Tatsache, dass es für eine Teilnehmerin das erste Mal war, dass die eine so lange Wanderung in Angriff genommen hatte. Und diese auch erfolgreich beenden sollte. Und das bei einer recht anspruchsvollen Wegführung. Super! Für genau solche Erfahrungen haben wir diese Live-Events ins Leben gerufen.
Nach mehreren kurzen Stops an einladenden Bächen, immer wieder die tolle Aussicht genießend und rumalbernd Neues ausprobierend (Björn, das Radschlagen muss du noch üben!), kamen wir nach zehn Kilometern an der Heidsmühle an Nach einer - zumindest in unseren Augen - wohlverdienten Erfrischung, ging es mit dem Auto zurück nach Manderscheid. Dort ließen wir den Tag bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch ausklingen.
Zukünftige Veranstaltungen
Wie gesagt: Dieser Wandertag war eine Art Versuchsballon. Wir wollten schauen, ob es ein generelles Interesse an und eine Nachfrage für derlei Angebote gibt. Ob die Teilnehmenden Freude an gemeinsamen Veranstaltungen dieser Art hätten. Und an welche Aktivitäten sie auch in Zukunft gerne teilnehmen würden.
Und nach den Erfahrungen des ersten Amputierten Wandertages fühlen wir uns in unserer Annahme bestärkt: Es gibt es großes Interesse an Live-Events für Leute mit Amputationen und anderen Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates. Es gibt Interesse an regelmäßigen Gelegenheiten, gemeinsam in der Natur und in einem physisch wie auch psychisch sicheren Umfeld mal etwas Neues auszuprobieren. Sich auszutauschen. Die eigenen Grenzen kennenzulernen und langsam zu verschieben. Und einfach eine gute Zeit miteinander zu verbringen. Somit werden wir auch in Zukunft immer mal wieder etwas Ähnliches anbieten. Das nächste Mal wohl im Frühjahr 2024.
Wenn ihr also Ideen und Wünsche habt, lasst es uns wissen (hier einfach über das Kontaktformular oder über die Direktnachrichten auf Instagram). Welche Gegenden in Deutschland lohnen sich, welche Regionen wollt ihr gerne kennenlernen und sind gut für euch zu erreichen? Welche Aktivitäten würdet ihr gerne mal ausprobieren? Zu welchen Themen wird mehr Austausch und Information gewünscht? Je mehr Rückmeldungen wir von euch erhalten, um so besser können wir das nächste Event vorbereiten.
Beitrag von Bjoern Eser, dem Gründer von und Macher hinter The Active Amputee.
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